„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien. Das gilt nicht nur für unsere Kenntnis der Gesellschaft und der Geschichte, sondern auch für unsere Kenntnis der Natur. […] Andererseits wissen wir so viel über die Massenmedien, daß wir diesen Quellen nicht trauen können. Wir wehren uns mit einem Manipulationsverdacht, der aber nicht zu nennenswerten Konsequenzen führt, da das den Massenmedien entnommene Wissen sich wie von selbst zu einem selbstverstärkenden Gefüge zusammenschließt.” Diese viel zitierten Sätze stammen von dem Soziologen Niklas Luhmann und sind Gedanken, aus seinem 1995 erschienenen Buch „Die Realität der Massenmedien.
Medien prägen unsere Vorstellungen, auch die von Wetter und Klimawandel. Klima ist zunächst nur ein Begriff, ein Konstrukt aus Beobachtungen, Langzeitmessungen und statistischen Berechnungen. Und doch kann sich Jeder darunter etwas vorstellen. Wetter, das kennen und fühlen wir. Das beobachten wir selbst jeden Tag. Klima und Wetter werden durch komplexe Wechselwirkungen geprägt. Es gibt Wetterkarten mit animierten Grafiken, Wetterkarten, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigen und dem Zuschauer den klimatischen Wandel signalisieren.
Medial werden im Moment Bilder der Zerstörung durch die Flutkatastrophe in Deutschland gezeigt und Diskussionen zum Klimawandel werden lauter. Im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung befragen Journalistinnen am 25. Juli 2021 die Medienökologin Birgit Schneider nach den Effekten, der Mediendarstellungen zur Hochwasserkatastrophe. Sie sieht in den medial dargestellten Bildern die übergeordneten Begriffe „Chaos statt Ordnung“, „Wucht der Elemente“ und der dahinter liegenden Angst der Menschen vor der plötzlichen Zerstörung vorhandener Strukturen.
Ikonographie meint die Beschreibung und Deutung von Bildwerken und verdeutlicht sich durch Katastrophenbilder, die von Menschen gemachte Werke als klein und unbedeutend erscheinen lassen, wo Naturgewalten ins Spiel kommen. Das kennen wir aus der Kunst. Die Macht der Elemente zeigt sich schon im 18. Jahrhundert bei William Turner oder im 19. Jahrhundert bei Max Beckmann, auch „Die Welle“ von Emil Nolde kann man dazu zählen.
Mit dem aktuellen Schauen eines Katastrophenszenarios am Bildschirm ist im Geheimen – trotz schlechtem Gewissen – ein stiller Stoßseufzer verbunden, es geht um die NIMBY-Haltung oder auch das St.-Florians-Prinzip. „Not in my backyard“ (Nicht in meinem Bereich, Hinterhof) bedeutet eine Position, die darauf bedacht ist, Probleme nicht im unmittelbaren Umfeld ertragen zu müssen. Oder plakativ gesagt: die Vorteile moderner Technologien gerne zu nutzen, ohne eigene Nachteile erfahren zu müssen.
Die gezeigten medialen Bilder lassen uns Gefühle von Ohnmacht, Kontrollverlust, Unberechenbarkeit empfinden. Assoziationen zu Weltuntergang, Apokalypse und Rache der Natur sind weiterführende mystische Überlegungen. Zwischen Furcht und Faszination schauen wir auf die Bilder und vertrauen Politikern, Organisationen und Wissenschaftlern, die es schon für uns richten werden.
Auch dazu hat Frau Schneider eine eigene Anschauung: statt Bildern von zerstörten Häusern oder vernichteten Landschaften, Menschen und die „Auswirkungen in ihrem Alltag zu zeigen, neuartige Geschichten zu erzählen und diese immer mit den Klimawandelursachen zu verknüpfen“.