You are currently viewing Von Menschen und Robotern

Vergleicht man den Liebesroboter Tom im Film „Ich bin Dein Mensch“ mit vielen uns täglich begegnenden Menschen, dann fällt neben seinem wunderbaren Aussehen, seiner durchtrainierten Figur auch auf, dass er über die Maßen intelligent, liebevoll und empathisch erscheint. Eine so vollkommene Maschine? Irgendwie undenkbar.

Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts war die westliche Gesellschaft von Optimismus durchdrungen, es könne tatsächlich einen solchen menschlichen Roboter geben. Science-Fiction war im Aufwind, der eigenständig handelnde Android, der nicht nur fachsimpeln und philosophieren konnte, sondern auch noch ein phantastischer einfühlsamer Liebhaber wäre, erschien durchaus im Bereich des Machbaren.

Vieles ist den Elektrogehirnen inzwischen gelungen, nur beim Verständnis emotionaler Emotionen hapert es zuweilen (übrigens nicht nur bei männlichen Robotern). Ein Roboter muss den Grundgesetzen folgen, niemals einen Menschen zu verletzen oder untätig zu zusehen, wenn ein anderer Mensch zu Schaden kommt. Er sollte menschlichen Anweisungen Folge leisten, aber immer in Beachtung, dass niemand verletzt wird. Der Roboter muss auch auf seine eigene Existenz achten, aber auch da gilt die Grundregel der Wahrung der Verletzlichkeit des Menschen. Diese drei entscheidenden Grundgesetze  legte der 1992 verstorbene russisch-amerikanische Biochemiker und Science-Fiction Schriftsteller Isaac Asimov in seinem Buch “I, Robot” fest.

Vom logischen Dilemma  durch nicht vorgesehene Verhaltensweisen erzählt schon Stanley Kubricks Kinofilm „2001: A Space Odyssey“ nach dem Roman von Arthur C. Clarke. Da gerät der Bordcomputer HAL-9000 in Konflikt mit den beschriebenen Grundgesetzen und ermordet mehrere Menschen. HAL ist mehr als nur Assistent, er zeigt menschliche Regungen und endwickelt im Laufe des Films leider auch ein „Eigenleben“. Der menschliche Astronaut Bowman muss HAL schließlich Stück für Stück abschalten und damit HALs Intelligenz “töten”, als er auch ihn aufgrund einander widersprechender einprogrammierter Befehle ermorden will. Je mehr menschliche Eigenschaften eine Maschine entwickelt, desto bösartiger Pläne scheint sie auch erdenken zu können.

Dem Schweizer Psychologen Wolfgang Tschacher fiel auf, dass „Maschinen bei Aufgaben versagen, die Menschen problemlos lösen (z. B. Fussballspielen), und umgekehrt Probleme, die für Menschen schwierig erscheinen (z. B. Rechnen mit großen Zahlen), mit Maschinen häufig anzugehen sind“. Ein Großteil der mit Maschinen ungelösten Probleme beziehe sich auf „Schnittstellen“ zur realen Welt und zum Körper, fand Tschacher heraus. Es gäbe immer dann Schwierigkeiten, wenn aus Computern Roboter würden, die direkt mit ihrer Umwelt über Kameras und Greifarme verbunden seien: der Computer bekommt eine Körper-Informationsverarbeitung und wird damit „embodied“.

Das Versagen künstlicher Intelligenz könnte also in der Vernachlässigung der Beziehung zwischen der Informationsverarbeitung, dem Denken, einerseits und dem Körper und der Umwelt andererseits zu suchen sein. Diese als „Embodiment“ bezeichnete Beziehung könnte, laut Tschacher, eine Begründung sein, weil intelligentes Denken immer in einem dichten Geflecht von Bezügen statt findet und in einen Kontex eingebettet ist: „… unter Embodiment (deutsch etwa ‚Verkörperung‘) verstehen wir, dass der Geist (also Verstand, Denken, das kognitive System, die Psyche) mitsamt seinem Organ dem Gehirn, immer in Bezug zum gesamten Körper steht. Geist/Gehirn und Körper wiederum sind in die restliche Umwelt eingebettet. Das Konzept Embodiment behauptet, dass ohne diese zweifache Einbettung Geist/das Gehirn nicht intelligent arbeiten kann. Entsprechend kann ohne Würdigung dieser Einbettung der Geist/das Gehirn nicht verstanden werden“.

Das Embodiment-Konzept hat im Alltag viele Anwendungsmöglichkeiten, wie wir schon in einem unserer Seminare belegen konnten. Es geht darum, wie Körperlichkeit (auch „Leiblichkeit“) Einstellungen, Emotionen und Handlungen des Individuums auf implizite Weise beeinflusst. Grundlegend gilt, dass psychische Prozesse immer in den Körper eingebettet sind (z. B. Kribbeln im Bauch). Emotionale Prozesse werden durch spezifische Muskelarchivierungen und durch Körperhaltung verursacht; als körperliche Variable wirken sie auf Einstellungen und Bewertungsprozesse ein. Somit ergibt sich, dass emotionale Bewertungen auch Auswirkungen auf soziales Handeln haben.

Literatur: Storch, M., Cantieni, B., Hüther, G., Tschacher, W.: Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen, Bern 2017