Liebe Freunde des UniWehrsEL,
am Donnerstag, den 20.10.22, 14:00 bis 15:30 ist es endlich soweit, dass ich Sie wieder an der U3L begrüßen darf.
Unser neues Seminar mit dem Titel, „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten …“, soll Sie auf jeden Fall schon einmal neugierig machen, was Sie da erwarten wird. Einige von den treuen UniWehrsEL-Lesern haben auch schon Bezug zum Thema genommen. Sehr freue ich mich über diese und weitere Kontakte.
Interessant finde ich natürlich auch, wie Sie sich in der Zwischenzeit kulturell unterhalten, sei es durch Filme, Museumsbesuch oder auch wie in diesem Fall durch Literatur. Danke für den unterhaltsamen Buchtipp!
Liebes UniWehrsEL,
zwei Wochen lang habe ich das Buch „Gelber Kaiser“ von Raymond Scofield gelesen. Es spielt in zwei Zeitebenen einmal in den 1930er Jahren und erzählt den Aufstieg Maos mit dem langen Marsch, die zweite Ebene sind die 1990er. Es ist ein Agententhriller aus englischer Sicht geschrieben. Interessant ist, dass sich in diesem Roman Russland als ernstzunehmende Macht verabschiedet hat. So kommt es zum Konflikt zwischen den USA und China wegen Taiwan. Wobei der amerikanische Geheimdienst mit Desinformationen von seinem Bündnispartner Taiwan gefüttert wird. So glaubt der amerikanische Geheimdienst, dass China die Mongolei angreifen wird.
Ein Abtrünniger Taiwanesischer General hofft so, dass die Amis die Chinesen von der Mongolei aus angreifen werden, und so die Hälfte der chinesischen Armee vernichtet wird. Mit dem anderen Teil wird die hochgerüstete Taiwan-Armee dann schon fertig werden. Der Plan wird jedoch vorzeitig an die Amis verraten, die aber nicht glauben, dass der Plan echt ist. Der Verräter des Plans will keinen realen Krieg zwischen USA, China und Taiwan, sondern nur Verwirrung stiften, um einen Überfall auf eine geheime Lagerstelle (Bank) für Gold, US-Dollar der Taiwanesischen Regierung zu überfallen.
Spannend zu lesen ist auch, wie der Kommunismus in der Mao-Zeit funktionierte. Dazu ein Beispiel: die kommunistische Führung beschließt Stahl selbst herstellen zu wollen, um vom Westen (USA) unabhängig zu werden. Die angelernten Bauern wissen aber gar nicht, wie man Stahl herstellt. Dem eingerichteten Komitee ist es aber peinlich, vor seinen Vorgesetzen zuzugeben, dass man von Stahlherstellung keine Ahnung hat und die Versuche nur minderwertige Produkte hervorgebracht haben. Das Komitee fürchtet um sein Leben. Deshalb erfinden sie einfach eine Erfolgsmeldung mit 5.000 erfolgreich hergestellten Stahlträgern. Dem nächsthöheren Parteigremium sind die Zahlen 5.000 zu niedrig, also hängt er einfach zwei Nullen an seine Meldung dran. So werden aus 5.000 einfach 500.000 Stahlträger. Das ist ein so großer Erfolg, dass er in der landesweiten Parteizeitung publiziert wird.
Daraufhin beschließt die Parteiführung, das Werk mit den 500.000 Stahlträgern zu besichtigen. Der Erfinder der Meldung über 500.000 Stahlträgern wird belohnt und fürchtet, dass seine erfundene Meldung nun auffliegt. Er ist in Panik und macht Druck auf das Komitee nun schnell bis zum Besuch der Parteiführung aus 5.000 Stahlträgern tatsächlich 500.000 Stahlträger zu machen. Das Komitee fürchtet um sein Leben und beschließt schnell Stahlattrappen, die das Lager bis zur Decke füllen sollen, anzulegen. Da man aber auch Muster zum Vorzeigen für die Parteiführung an dem Besuchstag braucht, sammelt das Komitee alle Löffel, Gabeln, Messer ein, um daraus Stahlträger zum Zeigen zu schaffen.
Diese Muster gelingt es herzustellen, um sie am Besuchstag vorzeigen zu können. Am Besuchstag kommt eine Meldung eines Parteifunktionärs, dass sich die Reiserroute der Parteiführung geändert habe, statt der Stahlfabrik würde die Parteiführung nun lieber eine Lebensmittelfabrik besuchen, weil es dieser Lebensmittelfabrik gelungen sei, 1.000.000 Brote für den kommenden Winter herzustellen. Das Komitee und dessen Vorgesetzter sind erleichtert, dass ihre Falschmeldungen nicht aufgeflogen sind und senden dafür Glückwünsche an die Lebensmittelfabrik.
Pointe, im Winter schreibt das Komitee der Stahlträger an das Komitee der Lebensmittelfabrik, wo denn die 1.000.000 Brote zur Versorgung der Stahlarbeiter blieben. Da das Komitee zur Herstellung von Brot seine Erfolgsmeldung mit 1.000.000 Broten ebenfalls frisiert bzw. die Zahlen geschönt hatten, haben die Stahlarbeiter nichts zu essen im Winter. Damit die hungrigen Stahlarbeiter nicht gegen die Parteiführung aufbegehren, erfindet die Parteiführung einen Grund, warum die Stahlarbeiter hungern müssen. Nämlich weil einige Chinesen zu sehr an den alten Traditionen aus dem Kaiserreich festhielten, anstatt an die Revolution zu glauben. Daher müssen nur diese Verräter entdeckt und ausgemerzt werden, schon stelle sich der Erfolg von selbst ein. Kurz gesagt, dass Hungern der Stahlarbeiter führt zur berühmten Kulturrevolution, die alles Alte unter Generalverdacht stellt, und allen die verdächtigt werden Verräter zu sein, den Tod bringt. Damit sind die hungrigen Stahlarbeiter beschäftigt, die Verräter zu suchen und nicht die Parteiführung zu kritisieren, für eine misslungene Planung der Brotherstellung.
Nun noch eine intime Geschichte über den großen Vorsitzenden Mao. Dieser lässt eine Gemeinde umbenennen in „05. Juli-Gemeinde“. Doch niemand in der Gemeinde, weiß was für ein herausragendes historisches Ereignis am 05. Juli sich in der Revolution ereignet hat. Auch die Gemeindemitglieder wissen nicht, was sich an dem 05. Juli so besonderes ereignet hat, dass es der Parteichef für Wert hält, die Gemeinde danach zu benennen. Jedoch kann keiner sein Unwissen zugeben, weil jeder Angst davor hat, dann kein guter Kommunist zu sein und im Gefängnis zu landen. Daher tut jeder Gefragte so, als wüsste er genau, was sich am 05. Juli ereignet hätte. Nur ein alter Kamerad von Mao erinnert sich am Ende des Buches was wirklich am 05. Juli passiert sei.
Der Vorschlag, die Gemeinde zu „05. Juli“ umzubenennen, war ein Witz von Mao. Denn er interessierte sich überhaupt nicht für die Gemeinde und so hätte sie auch den alten Namen seiner Meinung nach behalten können. Da aber die Anderen in der Parteiführung die Umbenennung für sehr wichtig hielten, gab er den Befehl die Gemeinde in 05. Juli umzubenennen. Doch was war am 05. Juli tatsächlich Bedeutendes für die Revolution passiert? Mao hatte an dem Tag gut gegessen, eine Zigarre geraucht und eine spezielle Massage, die „05. Juli-Massage“ von einer Krankenschwester erhalten. Diese Spezialmassage hat ihn so beeindruckt, dass er die Gemeinde nach der Massage „05. Juli“ nannte.
Fazit das Buch der gelbe Kaiser ist gerade wieder aktuell geworden, weil sich zwischen den USA und China ein neuer Konflikt um Taiwan abzeichnet. Es ist auch interessant, weil es Einblicke gibt, wie der „Kommunismus zur Kulturrevolution“ funktioniert oder wie „Machtstrukturen generell funktionieren“ aufzeigt. Die Story um die Stahlarbeiter erinnert mich an Gogols Stück der Revisor, bei dem in einer russischen Gemeinde große Aufregung herrscht, weil ein Revisor die Arbeit der Stadtpolitik kontrollieren will. So hat die korrupte Stadtpolitik ebenfalls Panik, ihre Mauscheleien würde aufgedeckt. Pech nur, dass der vermeintliche Revisor gar nicht der echte Kontrolleur ist, sondern der erst am Ende des Stücks tatsächlich erscheint.
Ich hoffe du hattest beim Lesen dieser Zeilen aus dem Buch gelber Kaiser ebenso Freude, wie ich beim Schreiben dieser Buchkritik.
Absolut, vielen herzlichen Dank!