herzlichen Dank für den wunderbaren Beitrag in Deinem Küchenblock. Da ich auch namentlich erwähnt werde, erlaube ich mir, Dir hier zu antworten.
Besonders beeindruckt hat mich Dein Käsegebäck in Paragraphenform. Das nenne ich doch einmal ein ganz besonderes Schmankerl im Kontext von Essen, Ethik und Moral, Darauf muss ‚frau‘ erst einmal kommen. Ein Symbol, das eigentlich Jeder mit Rechtsprechung in Verbindung bringt. Für jeden Kulturanthropologen stellt sich da sofort die Frage, was ist überhaupt ein Symbol?
Es kommt vom griechischen „Symbolon“, was so viel wie „das Zusammengeworfene“ bedeutet. Das trifft ja nun auf Deine Paragraphen und das wunderbare Käsegebäck in keiner Weise zu, geht es doch darum, in jeder Hinsicht Richtlinien oder auch Rezeptvorgaben einzuhalten.
In der allgemeinen Kultur und im Alltag des Menschen (und darum geht es ja den Kulturanthropologen) ist ein Symbol nicht so ganz einfach als solches zu bestimmen, weil es komplex ist und zuweilen widersprüchlich. Während Recht und Paragraphen sich im erwähnten Zusammenhang absolut aufdrängen, sieht das in meinem Fall, dem Symbol für Kulturanthropologie schon ganz anders aus. Also während bei Dir das Erkennungszeichen ein Paragraph, im Kontext von Rechtsprechung und Juristin sofort dechiffrierbar ist, sind bei mir die Möglichkeiten manigfach.
Während sich das §-Zeichen vom Kenner anscheinend (oder scheinbar) mühelos backen lässt, tue ich mich bereits schwer, es auf dem Iphone zu finden oder gar zu schreiben. Aha, am Computer liegt es über der drei, allerdings hochgestellt. Das ist relativ einfach.
Aber was meint eigentlich Zeichen? Jedem Kulturanthropolgen:in ist das Forschen geradezu inkorporiert. Ergo: es steht seit alters her für das lateinische „Signum“, zu Deutsch „Zeichen“. Während ein Symbol in den meisten Fällen nicht sofort als ein solches bestimmt werden kann, denn was genau ein Symbol ist und was es darstellt, ist in hohem Maße komplex und auch widersprüchlich, steht ein Zeichen in direktem Bezug zu den Dingen, die es ankündigt (zum Beispiel Verkehrszeichen oder auch Paragraphenzeichen). Daran ändert sich auch nichts, wenn es gebacken worden ist.
In Deutschland – so recherchiere ich weiter, denn darüber hatte ich mir vor Deinen ‚Käseparagraphen‘ keine Gedanken gemacht – hielte sich das Zeichen für Gesetzestexte, obwohl fast alle Staaten statt dem Paragraphen den Begriff „Artikel“ nutzten. Wie der nun wieder gebacken aussieht, entzieht sich gänzlich meiner Kenntnis. Hast Du da eine Idee für mich, liebe Küchenmarie?
Aber zurück zu meinen Symbolen und der Kulturanthropologie. Wir denken symbolisch, unsere (sozialen) Handlungen haben eine symbolische Dimension, das kommt natürlich auch auf den Kontext an – hier: Essen und Moral. Wesentlich ist aber, dass trotz aller unterschiedlicher Lebenswelten, Symbole irgendwie untereinander auch ‚entschlüsselbar‘ bleiben müssen.
Also beim gemeinsamen Backen würde ich spontan für mich das Symbol der ‚Maske‘ vorschlagen. Darüber habe ich mich ja bereits im Artikel „im UniWehrsEL „Das Gesicht im Screenshot“ ausgelassen, indem es darum ging, sich schöner und jünger (bildlich) darzustellen, als man eigentlich ist. Also sich den anderen so zu zeigen, wie man gerne gesehen würde.
Was das nun mit dem von Dir Gebackenen zu tun hat? Nun erstens ist das von Dir Gebackene nicht etwa nur ein simples S (also ein alphabetisches Schriftzeichen), sondern ein ineinander verschlungenes Doppel-S., also irgendwie auch mehrdeutig zu verwenden. Zumindest in der frühen Antike war das §-Zeichen bei Theaterstücken im Text ein Hinweis, ein anderer Schauspieler sei nun mit Sprechen dran.
Apropos verschlungenes Denken, nicht nur beim Backen des Doppel-S: Denn zweitens hat ja gemeinsames Unterrichten, irgendwie auch etwas mit spielen und Bühne zu tun. „Wir spielen alle Theater„, wie das der Soziologe und Kulturanthropologe Erving Goffman lehrte. Gehe es doch darum, dass das, was wir anderen präsentieren, immer auch davon geprägt ist, einen bestimmten Eindruck über uns zu vermitteln (genau wie beim Foto bereits erwähnt). Wir wollen also die Kontrolle behalten, auch über das, was der andere über uns denken könnte.
Zurück zu unserem gemeinsamen potentiellem Backen. Wenn ich eine ‚Käsemaske‘ backen würde, könnte dieser Versuch unter Umständen dazu führen, mich der Lächerlichkeit preis zu geben, denn auf der großen Bühne des Lebens, sieht es ganz anders aus als im Alltag. „Auf der Bühne werden Dinge vorgetäuscht. Im Leben hingegen werden höchstwahrscheinlich Dinge dargestellt, die echt, aber nur unzureichend erprobt sind“. (Goffmann 1959, S.3)
Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Austausch und unser Zusammenspiel (vielleicht auch Backen).
Beste Grüße
Dein UniWehrsEL